Ein systemtiefer Airliner unter 60 Euro? Wie geht das?
Groß war bei vielen die Überraschung, als Fenix Simulations den Preis für seinen Study-Level Airbus A320 bekanntgegeben hat: 49,99 britische Pfund – umgerechnet etwa 59 Euro. Im Vergleich zu den anderen systemtiefen Airlinern, die mittlerweile für den Microsoft Flight Simulator auf dem Markt sind, ein echtes Schnäppchen. Schließlich verlangt PMDG für seine Boeing 737-700 derzeit 69,99 US-Dollar, etwa 68 Euro, also um ca. 15 Prozent mehr. Und diese 69,99 US-Dollar werden sogar als Aktionspreis beworben, denn später soll das Flugzeug 74,99 US-Dollar kosten, umgerechnet 73 Euro, also um rund 23 Prozent mehr als der Fenix Airbus. Und die MD 82 (Fly the MADDOG X) von Leonardos Softwarehouse wird im simMarket sogar um 90 Euro angeboten, also um ein Drittel mehr.
Wie ist es möglich, dass der Fenix Airbus so vergleichsweise günstig verkauft wird?
Sowohl der Fenix Airbus als auch die PMDG 737 werden derzeit ausschließlich über die eigenen Online-Shops vertrieben. Das heißt – abzüglich der Steuern – bleibt der gesamte Umsatz im eigenen Haus. Der Fenix Airbus wird mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit NICHT über den Microsoft Marktplatz verkauft werden. Das hängt auch mit seiner speziellen Funktionsweise zusammen, die bereits hier im Detail beschrieben wurde. Anders sieht es bei der PMDG 737-700 aus und den übrigen 737er Modellen, die noch erscheinen werden. Sie alle werden früher oder später auch über den MSFS-Marktplatz verkauft werden.
Und genau das ist der springende Punkt: An jedem Add-On, das über den Marktplatz verkauft wird, verdient Microsoft mit. Einen Teil des dortigen Umsatzes müssen Entwickler abgeben, also vorher in ihre Gesamtkalkulation einberechnen. Das ist nicht nur hier so, sondern auch bei Gamingplattformen wie Steam oder z.B. auch den App-Stores von Apple oder Google-Android. Branchenüblich sind 20 bis 30 Prozent, die von den Betreibern eingehoben werden, denn auch sie haben Kosten, die abzudecken sind. Vermutlich hat PMDG in den endgültigen 74,99 US-Dollar bereits diese Beträge eingepreist. Es würde keinen besonders schlanken Fuß machen, wenn die PMDG Produkte im MSFS-Marktplatz plötzlich deutlich mehr kosten würden, als im PMDG-Store.
Die MD 82 wird ausschließlich über den Simmarket vertrieben. Auch hier bleibt ein gewisser Betrag beim Shopbetreiber, der damit seine Kosten abdeckt.
Diese Beträge spart sich Fenix Simulations durch den Exklusivvertrieb über den eigenen Shop. Auch konnte der Fenix Airbus aufgrund seiner speziellen Funktionsweise mit einem internen Kopierschutz ausgestattet werden, der Raubkopien deutlich erschwert, sodass hier keine finanziellen Verluste eingepreist werden mussten, mit denen manche andere Entwickler zu kämpfen haben.
Allerdings muss auch erwähnt werden, dass Fenix Simulations stattdessen andere Kosten zu tragen hat: Nämlich Lizenzgebühren. Zu zahlen an ProSim-AR, jener Firma, auf dessen Programmcode der Fenix Airbus aufbaut. Wie hoch diese Gebühren sind, bleibt ein Geheimnis zwischen den Vertragspartnern. Aber möglicherweise wurde hier ein Pauschalbetrag vereinbart, egal wieviele Kopien verkauft werden. Je mehr Kopien abgesetzt werden, desto kleiner wäre in dem Fall also der Anteil der Lizenzgebühr pro Kopie. Und wenn der Endverkaufspreis niedrig angesetzt ist, werden sich mit großer Wahrscheinlichkeit auch mehr potentielle Kunden finden, die zuschlagen, als wenn der Preis bei 69 oder gar 90 Euro liegen würde.
Wenn das Produkt im MSFS-Marktplatz nicht angeboten wird, besteht allerdings auch das Risiko, dass man gewisse Kunden nicht erreicht.
Was waren für Fenix Simulations Frontmann Aamir Thacker die Beweggründe dafür, seinen Airbus in diesem niedrigen Preissegment zu positionieren? Auf diese Frage hat er im hauseigenen Discord Kanal so geantwortet:
“Wir glauben, dass der Markt größer ist… Es ist ein Risiko, aber wir meinen, dass es sich auszahlen wird. Oder, naja. Wir hoffen es jedenfalls. Und wenn nicht, haben zumindest ein paar Leute mehr die Chance, unser Flugzeug zu fliegen!“
Thacker und sein Team würden es jedenfalls verdienen, dass die Rechnung aufgeht, denn mit ihrem Airbus A320 haben sie zweifellos einen Meilenstein gesetzt, sowohl, was den Funktionsumfang als auch was den Preis betrifft. So gesehen alles richtig gemacht.
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